Wie eine Götterspeise auf Beinen, 2007
Holz, Spiegel, Motor, Bewegungsmelder, 194 x 78 x 64 cm
Die Arbeit beruht im Wesentlichen auf der Interaktion mit den Betrachtern. Wenn sie sich, angezogen vom eigenen Spiegelbild, dem Objekt nähern, beginnt ab einer bestimmten Nähe, die ein Bewegungsmelder dem eingebauten Motor meldet, die Spiegelfläche zu vibrieren. Das Bild löst sich in eine zitternde Unschärfe auf, die erst aus der Distanz gleichsam überwunden werden kann, wenn die kinetische Störung wieder abgeschaltet wird. Ein ironischer Kommentar über die Lust an der Selbstspiegelung. Der eigenen Eitelkeit werden Schranken vorgesetzt.
Unmittelbar ist man an den ovidschen Narziss-Mythos erinnert über den Jüngling, der sich beim Blick in einen Quellteich in sein eigenes Spiegelbild verliebt (und denkt, es sei jemand anderes). Beim Versuch, den begehrten Körper zu ergreifen, entschwindet das Bild jedes Mal durch Kräuselung des Wassers. Wie bei Johanna Smiateks Arbeit ist zu große Nähe für das Verschwinden der Illusion verantwortlich.
Der Titel der Arbeit bezieht sich auf Billy Wilders Film ‘Manche mögen´s heiß’ (1959) mit Jack Lemmon, Tony Curtis und Marilyn Monroe. Es handelt sich um ein Zitat aus einer Szene, die am Beginn der Reise der Frauenband spielt, in die sich die beiden als Frauen verkleidete Hauptdarsteller geschmuggelt haben. Noch unbeholfen stehen sie in hochhackigen Schuhen am Bahnsteig und knicken ständig um. Und dann geht Marilyn Monroe an ihnen vorbei. Jack Lemmon bemerkt bewundernd: „Wie die sich bewegt. Wie ein Pudding, wie eine Götterspeise auf Beinen!“ Das geradezu surreale Element, welches in der Verwendung dieser schiefen Metapher als Titel von Smiateks Spiegelobjekt mitschwingt, löst sich in einen hintersinnigen Humor auf, der die Vibration der Spiegeloberfläche mit dem wabernden Material eines Gelatinepuddings verknüpft. Tatsächlich hat sich diese Arbeit sowohl technisch als auch ikonografisch aus den motorisch animierten Skulpturen aus Silikon entwickelt. Den Prototyp des zitternden Spiegels (ein Wandobjekt) nannte die Künstlerin Paris – oder wie eine Götterspeise auf Beinen, wobei es um das sogenannte ‘Urteil des Paris’ geht, also die Erzählung vom trojanischen Königssohn, der zwischen den Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite die letztere als die schönste aller Frauen auswählte. Johanna Smiatek geht es immer wieder um tradierte Klischees, die sie innerhalb des vielfältigen Bezugsnetzes ihrer Arbeiten unterläuft oder ad absurdum führt. (Zitat: Marc Wellmann)